Max Weilheimer

Friedrich-Wilhelm-Wagner-Platz (früher Bismarckstraße 15)

Max Weilheimer war Handelsvertreter in Ludwigshafen. Zusammen mit seiner Ehefrau Lilly und den beiden Söhnen wurde er im Oktober 1940 nach Gurs deportiert. Ende Februar / Anfang März 1943 brachte man ihn in das Sammellager Drancy und von dort in das Vernichtungslager Sobibor.

Biografie

Recherchiert von Philipp Meder

 

Die Weilheimers waren in den 1920er Jahren bereits seit mehreren Generationen in Ludwigshafen ansässig und in der jüdischen Gemeinschaft sehr gut vernetzt. Seligmann (Samuel) Weilheimer, der Vater von Maximilian, war von 1898 bis 1910 der erste jüdische Stadtrat der Stadt Ludwigshafen. Neben Maximilian hatte er fünf weitere Söhne und eine Tochter. Sein Sohn Richard, nach dem Max und dessen Frau Lilly ihren ersten Sohn benannten, kam im Ersten Weltkrieg an der Front ums Leben. Nur seinem Sohn Alfred gelang es, 1938 mit seiner Frau und Tochter in die Vereinigten Staaten zu emigrieren. Sie waren neben Richard und Ernst die einzigen Mitglieder der Familie Weilheimer, die den Holocaust überlebten.

 

Max Weilheimer wurde am 16. April 1887 in Ludwigshafen geboren. Am 30, April 1930 heiratete er Lilly Wetzler. Am 21. November 1931 kam der Sohn Richard auf die Welt, sein Bruder Ernst am 11. Dezember 1935.

 

In der Pogromnacht vom 9. November 1938 wurde Max Weilheimer, zusammen mit vielen anderen jüdischen Männern, in „Schutzhaft“ genommen und wenige Tage später nach Dachau verschleppt. Das er in Ersten Weltkrieg gedient hatte, schützte ihn nicht. Nach vier Wochen wurde er wieder freigelassen.

 

Am 22. Oktober 1940 wurde die Familie Weilheimer in das südfranzösische Lager Gurs deportiert. Die Bedingungen dort waren sehr schlecht; es gab nur wenig Nahrung, und jeden Tag starben Menschen. Glücklicherweise existierten einige Hilfsorganisationen, denen es erlaubt war, den Lagerinsassen zu helfen, indem sie sie mit Essen und Materialien wie Büchern und Kleidung versorgten. Eine dieser Organisationen war das im Zweiten Weltkrieg gegründete „American Friends Service Committee“. Diesem gelang es, nach dreimonatigen Verhandlungen fünfzig Kinder im Alter zwischen fünf und dreizehn Jahren von Gurs in das Kinderheim „La maison de pupilles de la nation“ in Aspet zu bringen. Max und Lilly, der es zu diesem Zeitpunkt schon sehr schlecht ging, gelang es, auch Ernst und Richard auf die Liste zu bekommen. Um seine Söhne zu retten, schrieb Max eine lange Bewerbung, in der er ihre Eigenschaften lobte und auf die Familie in den Vereinigten Staaten hinwies, die die beiden aufnehmen konnte. Im Februar 1941 durften Ernst, Richard und 46 andere Kinder das Lager verlassen (acht Familien hatten sich kurzfristig entschieden, sich doch nicht von ihren Kindern trennen zu lassen, und es wurden auf die Schnelle nur sechs Kinder als „Ersatz“ gefunden).

 

Ernst und Richard erhielten in den folgenden Monaten und Jahren noch Briefe von ihren Eltern, von denen einige auch heute noch erhalten sind. Doch es war das letzte Mal, dass die beiden ihre Mutter lebend sehen sollten. Lilly Weilheimer schrieb noch mehrere Briefe an „Ernstele“ und „Richardle“, doch am 17. Juli 1941 verstarb sie in Gurs. Zu diesem Zeitpunkt waren Beerdigungen außerhalb des Lagers noch gestattet, und so berichtete Maximilian seinen Söhnen in einem Brief, dass die Beerdigung von etwa 500 Insassen besucht wurde. Es dauerte lange, bis Richard und Ernst den Tod der Mutter verkrafteten.

 

Ernst und Richard lebten bis Juni 1942 im Kinderheim „La maison de pupilles de la nation“. Dann gelang es dem American Friends Service Committee, ihnen einen Platz auf dem wohl letzten Schiff, welches das besetzte Europa in Richtung Vereinigte Staaten verließ, zu verschaffen. In Marseille, von wo die SS „Nyassa“ am 25. Juni startete, konnten sie für einen Tag ihren Vater wiedersehen. Warum ihm die Lagerleitung erlaubte, für einen Tag nach Marseille zu reisen, ist nicht bekannt, doch wahrscheinlich rechnete man mit seiner Rückkehr, da viele seiner Familienmitglieder noch in Gurs festsaßen. Dies war der letzte Tag, an dem die beiden Brüder ihren Vater lebend sahen. Die einzige Erinnerung an ihn war eine Liste mit Namen der Verwandten in den Vereinigten Staaten, die er ihnen überließ.

 

Den letzten Brief bekamen die Brüder von ihrem Vater am 22. September 1942. Er schrieb, dass er zusammenpacken müsse und nicht wisse, wohin er gebracht werde. Zudem hoffe er auf ein baldiges Wiedersehen. Es ist nicht bekannt, wohin er zu diesem Zeitpunkt verschleppt wurde, doch er schrieb danach keine weiteren Briefe. Bekannt ist, dass er wohl kurz darauf nach Gurs zurückkehrte. Denn am 26. Februar 1943 taucht sein Name auf einer Liste von Männern auf, die von Gurs ins „Sammellager“ Drancy gebracht wurden. Von dort wurde er zusammen mit seinem Bruder Ludwig am 4. März nach Sobibor deportiert. Wahrscheinlich wurde er dort direkt nach seiner Ankunft ermordet.

Der Stolperstein für Max Weilheimer wurde am 11. Oktober 2022 auf dem Friedrich-Wilhelm-Wagner-Platz verlegt.

Das Wohnhaus der Familie hatte seinerzeit die Adresse Bismarckstraße 15. Es gehörte zu einer Häuserzeile, die sich gegenüber dem Eingang der heutigen städtischen Musikschule befand.